Was sind die Alternativen zur Windkraft?

7,7% der Landesfläche für Windkraft = 71% des Landes sind durch Fernwirkungen von WKAs betroffen. Mit allen drastischen Konsequenzen für Hausbesitzer (850.000 Wohngebäude in SH!), schutzbedürftige Vögel und andere Tierarten, Landschaftsschutz und Tourismus. Denn hier entsteht über die nächsten Jahre ein flächendeckender Großwindpark Schleswig-Holstein. Aber ist diese maßlose Übertreibung alternativlos? Natürlich nicht. Worauf wir seit Jahren hinweisen. 

Um es gleich vorweg zu nehmen: Auch wir haben die Weisheit natürlich nicht mit Löffeln gefressen. Aber als Kritiker des überzogenen Ausbaus der Windkraft an Land als Hauptsäule der Energiewende darf man sich nicht nur auf den Status des Verhinderers zurückziehen. Gleichermaßen muss man sich konstruktiv Gedanken über Alternativen in der Energiewende machen. Dies begleitet uns seit Aufnahme unserer Tätigkeit bereits seit 9 Jahren. Als Ausgangspunkt soll hierzu unsere grundsätzliche Kritik am Windkraftausbau in Schleswig-Holstein stehen:

  1. Warum nicht noch viel mehr Windkraft an Land in Schleswig-Holstein?

Schon mit der letzten Windkraftregionalplanung des Landes 2020 wurde deutlich, wie schwer die damals vermeintlich „überschaubaren“ Ziele des Landes mit „nur“ 2% der Landesfläche bzw. 10 Gigawatt Strom in der Realität umzusetzen waren. Es lag ja nicht nur am Widerstand der Naturschutzverbände und betroffenen Bürger. Auch die Fülle der schon damals extra gedehnten Regelungen und Gesetze erschwerten die Planung erheblich. Gleichzeitig trommelten Windindustrie und die Grünen wie heute für noch viel mehr Windkraft an Land, am liebsten sofort. Dies war schon damals ökonomisch völlig unsinnig, da bereits das Problem des Phantomstroms existierte. Dies hat sich bis zum heutigen Tag mit zweistelligen Milliardenkosten noch massiv verschärft. Und es ist symptomatisch für die lange Liste der Fehler und Schwächen dieser Energiewende mit der Windkraft als „wichtigstem“ Treiber (siehe hier einen kurzen Überblick der Hauptprobleme).

 

  1. Was sind die Alternativen zur Windkraft?

Die gute Botschaft: Es gibt sie. Und wir haben Zeit. Sie erfordern aber vor allem in der Politik ein erhebliches Umdenken und Umlenken. Wichtige übergeordnete Aspekte sind das Zulassen von Technologieoffenheit und die Abkehr von alten Denkverboten. Und es kann keinen nationalen Alleingang geben. Selbst bei voller, billionenschwerer Umsetzung der Energiewende bis 2045 würde Deutschland allein den globalen Temperaturanstieg rechnerisch nur um weniger als 0,01 Grad begrenzen, während drei Länder (USA, China, Indien) mit 85% Anteil am globalen CO2-Ausstoß klar zu priorisieren wären. Es kräht kein Hahn danach, wenn wir uns die Zeit für eine hochnotwendige Überarbeitung der Energiewende nehmen.

Aber konkreter:

Erstens: Es geht grundsätzlich um einen gut abgestimmten und politisch unabhängig überwachten Dreiklang von Energieerzeugung, -verteilung und effizienter Nutzung. Stichwort: Professionelles Projektmanagement mit parteipolitisch unabhängigem Controlling, das z.B. übergreifend einen milliardenschweren Unsinn wie den weiteren Windkraftausbau ohne vorhandene Stromleitungen oder Speichermöglichkeiten verhindert. Der Bundesrechnungshof hat jüngst erst aufgezeigt, dass immer noch 6.000 km (!) an Stromtrassen in Deutschland fehlen. Der VBEW Bayern hat errechnet, dass in ganz Bayern nur Speicherkapazitäten für 90 Minuten vorhanden sind. Das dürfte beispielhaft für Deutschland sein. Zweimal im Jahr erleben wir hierzulande aber eine Dunkelflaute von mindestens 1 Woche. Wenn wir alle hier schon Billionen EUR für die Energiewende aufzuwenden haben, dann aber bitte richtig!

Zweitens: In der Energieerzeugung müssen Denkverbote fallen und Technologieoffenheit Einzug halten. Die Energiewende kann über viel mehr Windkraft an Land nicht gelingen. Hier im Speziellen muss es stattdessen deutlich mehr raus auf See (Offshore) gehen. Nicht nur, dass hier kritische Aspekte wie Abstände und Anlagenhöhen keine Rolle spielen. Es gibt, wie z.B. vom Fraunhofer-Institut berechnet, ausreichend Spielraum, um das vor 5 Jahren für 2050 anvisierte Ziel von 650 TWh Energieerzeugung aus Windkraft ausschließlich über Offshore-Windparks zu erreichen – ohne Nord- und Ostsee dabei vollzupflastern (gut 9% der Fläche würde genügen).

Völlig unterschätzt ist unseres Erachtens auch die Photovoltaik, die einen deutlich höheren Beitrag zur Energiewende leisten kann. Hier in Schleswig-Holstein könnten PV-Anlagen bei 900 Volllaststunden im Jahr den vom Land in der aktuellen Windkraftplanung implizit angestrebten Zuwachs von 86 TWh mit nur der halben Fläche für Windkraft erzeugen. Projektmäßig war für uns schon 2019 ein bundesweites „Millionen-Dächer-Programm“ eine Überlegung wert. Flächenschonend wäre dies allemal. Transnational sollte man sich noch einmal zu sinnvollen Initiativen wie dem seinerzeit gescheiterten Desertec-Projekt aufraffen. Man könnte z.B. den gesamten Energieverbrauch Deutschlands auch mit einem 10 mal 50 km großen Solarpark in der Sahara, in der es genug Platz gibt, erzeugen. Hier sind Volllaststunden von 2.600 p.a. durchholbar. Die Gründe, warum das Projekt damals scheiterte, sind überwindbar. Z.B. durch Streuung über mehrere globale Projekte. An der Technik jedenfalls lag es schon damals nicht. Selbst ganz Europa mit Energie aus Wüsten zu versorgen wäre ein machbares Fernziel. Man kann sich noch darüber streiten, ob per Strom- oder Wasserstoffleitungen importiert. Vielleicht tun sich auch hier zukünftig noch ganz andere Transportformen auf. 

Um die deutsche CO2-Bilanz aufzubessern ist wesentlich stärker über eine intensivierte Forstwirtschaft bzw. Aufforstung nachzudenken. Auch die verstärkte Nutzung von Geothermie ist ein weiteres interessantes Feld, das Wirtschaftsminister Habeck erst vor kurzem viel zu spät auf die Agenda gehoben hat. Wir haben darauf schon vor Jahren hingewiesen.

Und zum vorläufigen Schluss, Stichwort Denkverbot, ist zur CO2-Reduzierung auch über die Carbon Capture-Verfahren und die Kernkraft neu nachzudenken. Natürlich fällt bei diesem Thema in aller Regel sofort die mentale Klappe bei jedem – außer bei Vertretern der Atomkraftindustrie. Das ist vollkommen nachvollziehbar. Doch was wäre, wenn es eine  Kernkrafttechnik 4.0 gäbe, die alle kritischen Probleme der Atomkraft beseitigt: Keine Explosionsgefahr wie in Tschernobyl oder Fukushima, kein Endlagerungsproblem und keine Gefahr, dass die Technik zur Herstellung von Atombomben genutzt wird. In Summe diesmal wirklich „saubere“ Atomkraft. Gibt es nicht? Googeln Sie mal den Begriff „Flüssigsalzreaktor“ und suchen im Internet nach Wissenschaftlern, die diese Technik, die es im Übrigen schon seit den 50er Jahren gibt, als realistische Lösung für die Energiewende bewerten. Wir können dies mangels Expertise letztlich nicht präzise beurteilen, aber man wäre falsch beraten, wenn man diese Option nicht zumindest mit ins Kalkül ziehen würde. Es kann doch andererseits keine Alternative sein, bei länger anhaltender Dunkelflaute auf den Import ausländischen Atom- und Kohlestroms zu setzen!

Und wer weiß, welche alternative Energieerzeugungsalternativen uns in den nächsten Jahren noch über den Weg laufen:  Fusionstechnologie,…?

Drittens: Die effiziente Nutzung, Speicherung und Übertragung von Energie bietet in mannigfaltiger Form erhebliches CO2-Reduktionspotenzial. Man kann gar nicht alle Möglichkeiten aufzählen, die es gibt. Exemplarische Stichworte wären bundesweite Programme zu Energiesparen, Gebäudesanierung, Wasserstoffelektrolyse, Nutzung der vorhandenen Gaspipeline-Infrastruktur, mehr Dezentralität in der Energieversorgung, usw. usw.

Fazit: Es mangelt nicht nur bei uns keineswegs an alternativen Ideen und Lösungsvorschlägen. Etliche Experten weisen auf mögliche Wege aus der teilweisen Sackgasse, in die sich die Energiewende hereinmanövriert hat, hin. Ein Reboot ist insofern zumindest in Teilen notwendig. Über welche Methoden man letztlich die besten und umsetzbarsten Ansätze herausfiltert und zur Not neu anstößt sollte man angesichts des großen Interesses der Bevölkerung in jedem Fall möglichst transparent gestalten. Die breite Diversifikation aller sinnvollen Maßnahmen dürfte letzten Endes das schärfste Schwert einer erfolgreichen und nachhaltigen Energiewende sein. Und keine nur auf eine Energieerzeugungsart fokussierte unsichere und flächenfressende Vorgehensweise wie hier bei uns im (noch) schönen Schleswig-Holstein.

Es geht um viel. Packen wir’s an.

Der Vorstand

BI WindVernunft Kiel e.V.

22.7.2024

Eine von vielen Alternativen: Solarmodule, die in der Fläche installiert werden.